Neue Mietverhältnisse unterliegen nicht den alten Wohnflächenberechnungsregeln

Die Berechnung der Wohnfläche erfolgt auch bei frei finanzierten Wohnungen grundsätzlich gemäß den Vorschriften für preisgebundenen Wohnraum. Welche genauen Vorschriften gelten, hängt vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab und nicht von dem Zeitpunkt, zu dem die Wohnfläche erstmalig berechnet wird.

Hintergrund:

In einem aktuellen Rechtsstreit zwischen einer Vermieterin und ihrer Mieterin einer Wohnung steht die Frage im Mittelpunkt, ob die Rückzahlung von Miete aufgrund einer vermeintlichen Abweichung zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Wohnfläche um mehr als zehn Prozent gerechtfertigt ist.

Das Mietverhältnis besteht seit 2014, wobei im Mietvertrag eine Wohnfläche von 49,18 Quadratmetern festgelegt ist. Die Berechnung dieser Wohnfläche erfolgte in den 1960er-Jahren nach den damals geltenden Maßstäben.

Nachdem die Mieterin die Wohnung vermessen ließ, behauptete sie, dass die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 Prozent geringer sei als die im Mietvertrag angegebene. Sie stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), die besagt, dass eine erhebliche Mangelhaftigkeit vorliegt, wenn die tatsächliche Wohnfläche erheblich von der vereinbarten abweicht. Daraufhin erhob sie Klage auf Rückzahlung anteiliger Miete.

Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger ermittelte eine tatsächliche Wohnfläche von 43,3 Quadratmetern, was einer Abweichung von 11,96 Prozent entspricht. Dabei berücksichtigte der Sachverständige gemäß § 4 Nr. 4 der Wohnflächenverordnung (WoFlV) einen Viertel der Fläche des 4,276 Quadratmeter großen Balkons.

Die Vermieterin argumentiert hingegen, dass die Fläche des Balkons gemäß der II. Berechnungsverordnung (II. BV) zur Hälfte zu berücksichtigen sei. Dadurch liege die Abweichung der Wohnfläche unterhalb der zehn Prozent, was laut ihrer Ansicht keinen erheblichen Mangel darstelle. Sie stützt sich dabei auf § 5 der Wohnflächenverordnung, der besagt, dass bei Mietverträgen, bei denen die Wohnfläche bis zum 31.12.2003 nach der II. BV berechnet wurde, die Berechnung nach dieser Verordnung fortbesteht.

Entscheidung:

Der BGH schließt sich nicht der Argumentation der Vermieterin an. Der Sachverständige hat den Balkon zu Recht gemäß der Wohnflächenverordnung nur zu einem Viertel berücksichtigt.

Für die Auslegung des Begriffs "Wohnfläche" in einem Mietvertrag über preisfreien Wohnraum ist grundsätzlich auf diejenigen Bestimmungen für den preisgebundenen Wohnraum zurückzugreifen, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gelten. Da der Mietvertrag nach Inkrafttreten der Wohnflächenverordnung zum 1.1.2004 geschlossen wurde, ist die Wohnfläche daher nach dieser Verordnung zu ermitteln. Die Überleitungsvorschrift des § 5 WoFlV ist in solchen Fällen nicht anwendbar.

Daher ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entscheidend dafür, welche Bestimmungen für die Berechnung der Wohnfläche gelten, und nicht der Zeitpunkt der (erstmaligen) Berechnung der Wohnfläche. Da der Mietvertrag nach 2003 geschlossen wurde, ist die Wohnflächenverordnung maßgeblich, die eine Anrechnung der Balkonfläche von einem Viertel vorsieht.

Wohnflächenberechnung nach II. BV kann vereinbart werden:

Vermieter, die die Wohnfläche bis zum 31.12.2003 nach der II. BV haben berechnen lassen und die Kosten für eine Neuberechnung nach der Wohnflächenverordnung nicht aufwenden möchten, haben kein besonderes Schutzbedürfnis. Ihnen steht frei, auch in einem ab Januar 2004 abgeschlossenen Mietvertrag auf eine (ausdrückliche) Vereinbarung hinzuwirken, dass die dort vereinbarte Wohnfläche (noch) nach den Vorschriften der II. BV zu berechnen ist.

(BGH, Beschluss v. 17.10.2023, VIII ZR 61/23).