Das Grundsteuer-Chaos erreicht einen neuen Höhepunkt! In einem Versuch, Eigentümer vor einem Preisschock zu bewahren, planen erste Bundesländer Schutzmaßnahmen.

Im kommenden Jahr könnten Hausbesitzer mit der Aussicht auf höhere Hebesätze bei der Grundsteuer konfrontiert werden. Obwohl die Finanzämter bereits einen Großteil der Bescheide verschickt haben, regt sich in den Landesregierungen heftiger Widerstand gegen diese Entwicklung.
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Haushalte, die bereits den Grundsteuerbescheid erhalten haben, sind zumindest über den neu festgesetzten Grundsteuerwert informiert. Allerdings lässt sich daraus keine genaue Aussage über die Höhe der Grundsteuer ableiten. Dies liegt daran, dass die neuen Hebesätze in den Kommunen noch nicht endgültig festgelegt sind, wie die Oberfinanzdirektion in Frankfurt mitteilt. Diese Festlegung wird bundesweit erst im Laufe des Jahres erfolgen.

Allerdings könnte sich diese Entscheidung verzögern, da die Landesregierungen gegen den drohenden Preisschock bei der Grundsteuer protestieren. Nach Schätzungen des Städte- und Gemeindebundes, die auf einer Stichprobe basieren, müssen private Grundstückseigentümer voraussichtlich um 20 Prozent mehr zahlen, während Gewerbegrundstücke um bis zu 50 Prozent entlastet werden könnten.

Zuvor hatte der Städte- und Gemeindebund von Nordrhein-Westfalen bereits vor einer erheblichen Mehrbelastung gewarnt. "Die Berechnungen in den Kommunen laufen bereits, und sie deuten auf ein großes Problem hin: Nach den vorliegenden Daten deutet alles auf eine massive Verschiebung zu Lasten der privaten Eigentümer hin", sagte Verbandspräsident Christoph Landscheidt, Bürgermeister der Stadt Kamp-Lintfort. Wohngrundstücke würden erheblich stärker belastet als Gewerbegrundstücke. Dies könne nicht hingenommen werden. "Eine weitere Belastung der Bürgerinnen und Bürger ist in meinen Augen nicht mehr zu rechtfertigen."

Eine Öffnungsklausel soll den Handlungsspielraum der Kommunen erweitern.

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) erklärte gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), dass eine gesetzliche Öffnungsklausel für die umstrittene Reform der Grundsteuer eingeführt werden soll. In seiner Funktion als Vorsitzender des Finanzausschusses des Bundesrates hat er zusammen mit der rheinland-pfälzischen Ressortchefin und Vorsitzenden der Finanzministerkonferenz, Doris Ahnen (SPD), einen Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verfasst und um entsprechende Änderungen gebeten. Ein entsprechender Beschluss der Länderfinanzminister mit großer Mehrheit liegt vor. Nordrhein-Westfalen, das mit fast 18 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste und am dichtesten besiedelte Bundesland ist, könnte von dieser Regelung profitieren. Sie könnte jedoch auch für andere Bundesländer gelten.

Doch wie genau sieht der Vorschlag aus? Die Öffnungsklausel soll den Kommunen ermöglichen, die Grundsteuersätze für Wohn- und Gewerbeimmobilien regional zu differenzieren, um übermäßige steuerliche Lastenverschiebungen zu verhindern. Dies würde den Gemeinden mehr Entscheidungsspielraum geben, um die Steuersätze dort anzupassen, wo es notwendig und erwünscht ist, um eine übermäßige Belastung von Wohnimmobilien zu vermeiden, erklärt Optendrenk.
Foto Eine Öffnungsklausel soll den Handlungsspielraum der Kommunen erweitern.
Da die Verteilung des Aufkommens zwischen Wohn- und Gewerbegrundstücken von Gemeinde zu Gemeinde sehr unterschiedlich ist, könnten differenzierte Steuersätze den Kommunen helfen, private Haushalte vor einem Preisschock zu schützen.

Konkret betrifft dies die Grundsteuer B, die auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben wird und von den Eigentümern oder auf die Mieter umgelegt wird. Die Grundsteuer A fällt für landwirtschaftliche Betriebe an. Die Kommunen halten bundesweit einheitliche Messzahlen für Gewerbe- und Privatpersonen fest, was laut Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags, eine "einfache Lösung" darstellt.
Foto Grundsteuerreform: Ist der Vorschlag zu spät?

Grundsteuerreform: Ist der Vorschlag zu spät?

Die Dringlichkeit ist offensichtlich, und viele Experten drängen auf rasche Entscheidungen. "Unser Ziel ist es, dass die Städte und Gemeinden noch im Jahr 2024 die neuen Grundsteuerbescheide an die Eigentümerinnen und Eigentümer der Immobilien übermitteln können", erklärt Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, auf Anfrage von FOCUS Online. Dies setzt voraus, dass die Gemeinden möglichst alle Neubewertungsergebnisse zu den Immobilien noch in der ersten Jahreshälfte 2024 von den Finanzämtern der Landesfinanzverwaltung erhalten. Er betont weiter: "Erst dann können die Städte und Gemeinden damit beginnen, den Grundsteuer-Hebesatz neu festzulegen und auf dieser Grundlage die neuen Grundsteuerbescheide zu übermitteln."

Zusätzlich erhalten die Kommunen in den kommenden Monaten ein Software-Update, das es ihnen ermöglicht, die endgültigen Grundsteuerbescheide zu versenden. Die Behörden sind auf pünktliche Lieferungen der Hersteller angewiesen. Ein weiteres Problem sieht der Geschäftsführer des Städtetags in der Differenzierung der Steuersätze. "Die rechtlichen Risiken sind erheblich, da jede Differenzierung bei den Hebesätzen verfassungsrechtlich begründet werden muss", erklärte er gegenüber der FAZ.

Haushalte sind verpflichtet, alle sieben Jahre eine Neubewertung ihrer Grundstücke durchführen zu lassen.

Am 10. April 2018 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die bisherige Berechnungsmethode der Grundsteuer nicht mehr rechtsgültig ist. Als Reaktion darauf hat die Bundesregierung eine umfassende Reform der Grundsteuer eingeleitet, die in drei neuen Gesetzen verankert ist.

Das erste Gesetz betrifft die Neubewertung sämtlicher Grundstücke in Deutschland zum Stichtag 1. Januar 2022. Grundstückseigentümer waren verpflichtet, dem Finanzamt eine elektronische Erklärung über den Wert ihrer Grundstücke vorzulegen. Diese Neubewertung muss alle sieben Jahre wiederholt werden, da die Grundstücke regelmäßig neu bewertet werden müssen.

Das zweite Gesetz ermöglicht es den Kommunen, ab dem Jahr 2025 unbebaute, aber bebaubare Grundstücke höher zu besteuern, um die Bebauung solcher Flächen zu fördern.

Das dritte Gesetz ändert das Grundgesetz, um die Zuständigkeit des Bundes für die Grundsteuer festzuschreiben. Es überlässt jedoch den Ländern die Regelung der Grundsteuer.
Foto Haushalte sind verpflichtet, alle sieben Jahre eine Neubewertung ihrer Grundstücke durchführen zu lassen.
Fünf Bundesländer haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und eigene Regelungen eingeführt, während das Saarland und Sachsen grundsätzlich dem Bundesmodell folgen, aber eigene Steuermesszahlen festgelegt haben.
Die Neubewertung der Grundstücke zum Stichtag 1. Januar 2022 stellte eine große Herausforderung für die Grundstückseigentümer dar. Viele von ihnen mussten aufwendige Gutachten erstellen lassen, um den Wert ihres Grundstücks korrekt einzuschätzen. Auch das Finanzamt hatte viel zu tun, um die eingereichten Erklärungen zu bearbeiten und die neuen Werte festzulegen.
Mit dem zweiten Gesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, unbebaute, aber bebaubare Grundstücke höher zu besteuern. Dadurch sollten Anreize geschaffen werden, diese Flächen zu bebauen und dem immer weiter wachsenden Bedarf an Wohn- und Gewerbeflächen gerecht zu werden. Die Kommunen hatten nun die Möglichkeit, durch höhere Steuern auf diesen Grundstücken die Eigentümer zum Handeln zu bewegen.
Das dritte Gesetz war vor allem von symbolischer Bedeutung. Es sollte klargestellt werden, dass der Bund die Zuständigkeit für die Grundsteuer hat. Allerdings wurde den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, eigene Regelungen zu treffen. Einige Bundesländer haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und eigene Modelle eingeführt. So wollte man den Bedürfnissen und Besonderheiten vor Ort gerecht werden. Das Saarland und Sachsen hingegen folgen zwar grundsätzlich dem Bundesmodell, haben aber eigene Steuermesszahlen festgelegt.
Die Reform der Grundsteuer stellte einen großen Schritt in Richtung einer gerechteren Besteuerung von Grundstücken dar. Durch die regelmäßige Neubewertung sollte gewährleistet werden, dass die Besteuerung sich an den tatsächlichen Gegebenheiten orientiert und Grundstückseigentümer nicht benachteiligt oder bevorzugt werden. Auch die höhere Besteuerung unbebauter Grundstücke hatte positive Effekte, indem sie zum Ausbau der Infrastruktur beitrug und das Flächenmanagement verbesserte.
Insgesamt wurde die Reform der Grundsteuer von der Bundesregierung als großer Erfolg angesehen. Durch die neuen Gesetze konnte eine gerechtere und zeitgemäße Besteuerung von Grundstücken erreicht werden, die den aktuellen Gegebenheiten besser entspricht.

Quelle: Focus online